Wechselkwirkungen

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Bürohaus Seele

Projektdaten

Bauherr Fa. Seele GmbH&Ko.KG
Adresse Gutenbergstr. 19
86368
Kosten 2.0 Mio. €
HNF 1.000 m²
Auftragsumfang LPH nach HOAI  1 – 8
Bearbeitungszeitraum 1998 – 1999
Baubeginn 1999
Fertigstellung 2001
Fotos Architekturbüro Kergaßner

Projektbeschreibung

Bauen im Bestand – die Eindeutigkeit des Ortes

Der fünfgeschossige Verwaltungsneubau definiert den Hauptzugang

der Fa. Seele. Durch seine Höhe ist dieser stadträumlicher Orientierungspunkt

und bereits aus der Ferne sichtbar. Das neue Bürohaus beruhigt das heterogene Umfeld und fügt das Konglomerat der chronologisch, unterschiedlich entstandenen Firmengebäude zu einem Ensemble. Ordnung und Prägnanz prägen die Eindeutigkeit des Ortes. Die Lamellenstruktur vor der bestehenden Werkhalle verbindet im Sockelbereich „alt und neu“ zu einer formalen Ganzheit.

 

Funktionale Verknüpfung zwischen „alt und neu“

Der Neubau rückt mit seinen großen Stahlbetonmassen dicht an das bestehende gläserne Verwaltungsgebäude und greift in seiner Längsausdehnung sogar in den Bestand ein. Die Lage des Neubaus ermöglicht das Konzept der kurzen, inneren Verbindungswege. Nutzung und Funktion im Kontext des Bestandes zu integrieren, stand im Vordergrund der Konzeptentwicklung. Die Organisation von zehn Arbeitsplätzen pro Geschoß entspricht dem Anforderungsprofil des Bauherrn. Dieses Organisationsschema definiert die Geschoßfläche einer Büroebene.

 

Konstruktion – leicht + schwer

Die Plastizität des Massivbaus bildet den Gegenpol zur filigran strukturierten, flächigen Ausdehnung des Bestandes. Das Gebäude ist in Stahlbeton konstruier und wird über die tragende Hülle und einen innenliegenden Kern ausgesteift. Die Büroflächen sind stützenfrei überspannt. Sämtliche Installationen der technischen Gebäudeausrüstung sind in den Stahlbetondecken und –wänden integriert. Die Wahrnehmung des architektonischen Raumes wird.

 

Energie- und Lüftungskonzept

Die Integration des Gebäudes in die bestehenden Strukturen führt zu einer strengen Nord-Südausrichtung. Die Büroflächen sind dadurch hohen äußeren Wärmelasten ausgesetzt. Als Konsequenz ist die Südfassade weitestgehend geschlossen und lediglich lochartig perforiert. 16cm Mineralwolle und vorgelagerte Paneeleflächen schützen den massiven Baukörper vor

Überhitzung. Die Qualität und Kompaktheit der Hüllflächen, sowie die konsequente Umsetzung des Prinzips der offenen Gebäudemasse, definieren die Randparameter des Energie- und Lüftungskonzeptes. In Abhängigkeit des Temperaturprofils werden nachts die Fensterflügel elektrisch geöffnet und bilden so die Nachströmöffnungen für die Nachtluftspülung. Durch kontrollierte Lüftung werden die großen Baumassen entspeichert und stehen morgens für die Pufferung der Temperaturspitzen erneut zur Verfügung. Die kreisrunden Öffnungen in der Deckenkonstruktion sind alternierend an einzelne Zu- und Abluftrohre angeschlossen. Über dem Dach münden die einzelnen Stränge in einer mechanischen Lüftungsanlage. durch die plastische Bearbeitung der raumbegrenzenden Flächen unterstützt. Unterschiedliche Charakterprofile der Materialien beeinflussen dabei die räumliche Wirkungsweise. „Grobe und rauhe“ Oberflächen stehen im Dialog mit „feinen und edlen“ Oberflächen.

 

Fassade – Entmaterialisierung der Masse

Die Wahrnehmung des Baukörpers wird durch die Lichtstimmung geprägt und reicht vom brillanten, entmaterialisierten, kristallinen Körper bis hin zum reinen geometrischen Abbild. In die Fassadenelemente sind gefaltete Reflexionsflächen eingearbeitet. Auf der Vorderseite sind diese mit einer teilbedruckten Glasscheibe abgedeckt und durch den Randverbund mit einem rückseitigen Blech zu einem Paneel gefügt. Die Geometrie der Faltungen wurde in Analogie an die Wanderung des Winkelscheitels auf dem Thaleskreis, der sich über die gesamte Bauwerkshöhe erstreckt, entwickelt. Die Dynamik des Scheitelpunktes erzeugt durch unterschiedlich geneigte Reflexionsflächen ein sich permanent veränderndes Lichtspiel. Unterschiedliche Lichtschwerpunkte in Abhängigkeit von der Tageszeit sorgen für ständig wechselnde visuelle Eindrücke der Fassade. Die nächtliche Illumination des Gebäudes führt zu einer Umkehr der Lichtschwerpunkte. Licht wird somit als architektonisches Mittel auf der Fassadenoberfläche durch die Wechselwirkung zwischen Licht und Schatten thematisiert.